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doi:10.22028/D291-44005
Titel: | Examining major threats to valid measurement of sexual motivation: from basic research to implications for society and science |
VerfasserIn: | Weber, Marcel |
Sprache: | Englisch |
Erscheinungsjahr: | 2025 |
Freie Schlagwörter: | sexual motivation validity |
DDC-Sachgruppe: | 150 Psychologie |
Dokumenttyp: | Dissertation |
Abstract: | Sexual motivation plays a significant role in almost everyone’s life, influencing thoughts, feelings, behaviors, and decisions. Self-report measures are the primary means of unraveling the secrets of sexual motivation in the social sciences, allowing large-scale assessments of what goes on in people’s minds and behind closed doors. However, the validity of conclusions drawn from sexual self-report measures is controversial, particularly with regard to gender differences in sexual motivation. While the literature highlights various biases that could potentially threaten the valid measurement of sexual motivation, little is known about their actual impact. In this dissertation, I fill some of this gap by identifying and addressing critical threats to valid measurement of sexual motivation. Part I focused on how the measurement instrument affects validity. To date, most sexual motivation scales are vague in their conceptualization and lack a comprehensive validation process. In addition, most scales are regularly used for group comparisons (e.g., men vs. women) without demonstrating equivalent measurement properties across these groups. These factors lead to uncertainty about whether the scales measure sexual motivation and whether seemingly robust gender differences actually exist. We therefore developed and validated a novel scale of sexual motivation: the Trait Sexual Motivation Scale (TSMS). Across four preregistered studies, the theory-driven TSMS emerged as a reliable and valid measure of sexual motivation independent of gender and relationship status. Using this scale, we found higher male than female sexual motivation. This suggests that gender differences are not due to invalid group comparisons. Part II focused on social desirability bias as a threat to valid measurement and conclusions. Because of gendered sexual norms, previous research has expected men to overreport and women to underreport sexual experiences, which may account for much of the measured gender differences. However, support for these predictions is scarce and largely limited to laboratory research. In theory, the greater anonymity provided by online surveys promises more accurate responses, but little is known about whether this hope is justified for sexual self-reports. Here, we used the Item Sum Technique, an indirect questioning technique that maximizes people’s anonymity, to create conditions under which honest self-reports are particularly likely. In this item sum group, sexual motivation and gender differences in sexual motivation were not significantly different from those found in a standard online survey group. These results suggest that there is little evidence of social desirability bias in online surveys and argue against the notion that such bias explains higher self-reported sexual motivation in men than in women. Part III focused on the social norms that give rise to social desirability bias. Previous research predicted that sexual activity would be evaluated in opposite ways for women (socially punished) and men (socially rewarded), but this strong sexual double standard received little empirical support. We proposed an alternative model of sexual standards—the Similarities and Differences (S&D) model—that may explain the inconsistent findings by suggesting that male and female sexual norms are marked by both similarities and differences. Consistent with both models, participants perceived that high sexual activity is viewed more favorably for men than for women, while low sexual activity is seen more positively for women than for men. However, they also perceived that moderate levels of sexual activity, rather than very low or high levels, are viewed most favorably for both genders—a similarity predicted only by the S&D model. In sum, using the TSMS in online studies promises valid future measurement of sexual motivation. The lack of evidence that higher sexual motivation in men is due to invalid scales or self-presentation contributes to debates about gender differences. In the general discussion, I seek to reconcile these findings with research showing no gender differences, present a new model of flexible self-presentation, and discuss the TSMS and S&D model’s practical relevance. In doing so, I link basic research on sexual motivation with its broader scientific and societal implications. Sexuelle Motivation spielt im Leben fast aller Menschen eine wichtige Rolle. Sie beeinflusst Gedanken, Gefühle, Verhalten und Entscheidungen. Um umfassend zu ergründen, was in den Köpfen von Personen und hinter verschlossenen Türen vor sich geht, sind sexuelle Selbstberichte elementar. Gleichzeitig wird kontrovers diskutiert, inwiefern Befunden, die auf sexuellen Selbstberichten basieren, Vertrauen geschenkt werden darf. Während in der Literatur mehrfach Verzerrungen beschrieben wurden, welche die Validität sexueller Selbstberichte potenziell gefährden könnten, ist wenig darüber bekannt, ob diese tatsächlich zu falschen Schlussfolgerungen führen. Diese Dissertation zielt darauf ab, einen Teil dieser Lücke zu schließen, indem sie wesentliche Bedrohungen für die valide Erfassung sexueller Motivation identifiziert und untersucht. Teil I beschäftigte sich damit, welche Rolle das Messinstrument bei der validen Erfassung sexueller Motivation spielt. Aktuell kommen meist Skalen zum Einsatz, deren zugrundeliegende Konzeptualisierung vage und deren Validierungsprozess unvollständig ist. Zudem werden diese Skalen häufig für Gruppenvergleiche (z. B. zwischen Männern und Frauen) verwendet, ohne zu prüfen, ob sie für diese Gruppen vergleichbare Messeigenschaften aufweisen. Diese Versäumnisse führen zu Unsicherheiten darüber, ob die Skalen wirklich sexuelle Motivation erfassen und ob die scheinbar robusten Geschlechtsunterschiede tatsächlich existieren. Wir haben daher eine neue Skala sexueller Motivation entwickelt und validiert: die Trait Sexual Motivation Scale (TSMS). In vier präregistrierten Studien zeigte sich die theoriegeleitete TSMS unabhängig vom Geschlecht und Beziehungsstatus einer Person als reliables und valides Messinstrument sexueller Motivation. Unter Einsatz der TSMS fand sich eine höhere mittlere sexuelle Motivation bei Männern als bei Frauen. Dies deutet darauf hin, dass Geschlechterunterschiede nicht auf unzulässige Gruppenvergleiche zurückzuführen sind. Teil II beschäftigte sich damit, wie sozial erwünschtes Antwortverhalten die Validität sexueller Selbstberichte und darauf basierender Schlussfolgerungen beeinflusst. Aufgrund geschlechtsspezifischer sexueller Normen wurde in der bisherigen Forschung angenommen, dass Männer in ihren sexuellen Erlebnisberichten eher übertreiben und Frauen eher untertreiben. Diese Tendenzen könnten einen erheblichen Teil gefundener Geschlechterunterschiede erklären. Die Belege für diese Annahmen sind jedoch spärlich und stammen fast ausschließlich aus Laborstudien. Theoretisch sollte das hohe Ausmaß an Anonymität, das Online-Studien kennzeichnet, unverzerrte Selbstberichte begünstigen. Ob sich diese Hoffnungen erfüllen, ist für sexuelle Selbstberichte allerdings weitgehend ungeklärt. Hier wurde die Item Sum Technique verwendet, eine indirekte Befragungstechnik, welche die Anonymität der Teilnehmenden maximiert. Dadurch sollen Bedingungen geschaffen werden, unter denen wahrheitsgemäße Selbstberichte besonders wahrscheinlich sind. Die auf diese Weise erfasste sexuelle Motivation und entsprechende Geschlechterunterschiede wurden mit denjenigen aus einer Standard-Online- Befragung verglichen. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Diese Ergebnisse liefern wenig Hinweise auf sozial erwünschtes Antwortverhalten in Online-Befragungen und stellen die Annahme infrage, dass diese Verzerrungen für die höhere gemessene sexuelle Motivation bei Männern im Vergleich zu Frauen verantwortlich sind. Teil III befasste sich mit sozialen Normen als Grundlage für sozial erwünschtes Antwortverhalten. Frühere Studien sagten voraus, dass sexuelle Aktivität bei Männern sozial belohnt und bei Frauen sozial bestraft wird. Für diese gegensätzlichen männlichen und weiblichen Sexualnormen, die als starker sexueller Doppelstandard bezeichnet werden, fanden sich jedoch nur wenige Belege. Wir haben ein alternatives Modell sexueller (Doppel-)Standards aufgestellt: das Similarities and Differences Model (S&D-Modell). Dieses sagt vorher, dass männliche und weibliche Sexualnormen sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede aufweisen und könnte so Inkonsistenzen in früherer Forschung erklären. Gemäß der Wahrnehmung der Studienteilnehmenden wird in der Gesellschaft ein hohes Ausmaß sexueller Aktivität bei Männern positiver beurteilt als bei Frauen und umgekehrt ein geringes Ausmaß sexueller Aktivität bei Frauen positiver beurteilt als bei Männern. Diese Befunde sind sowohl mit dem starken sexuellen Doppelstandard als auch mit dem S&D-Modell vereinbar. Allerdings nahmen die Teilnehmenden ebenfalls wahr, dass nicht besonders niedriges oder hohes, sondern ein moderates Ausmaß sexueller Aktivität bei beiden Geschlechtern am besten beurteilt wird – eine Ähnlichkeit männlicher und weiblicher Sexualnormen, die nur das hier präsentierte S&D-Modell erklären kann. Zusammenfassend verspricht der Einsatz der TSMS in Online-Studien eine valide Erfassung sexueller Motivation in zukünftiger Forschung. Für die Annahme, dass die höhere sexuelle Motivation von Männern im Vergleich zu Frauen auf die Verwendung nicht valider Skalen oder auf sozial erwünschtes Antwortverhalten zurückzuführen ist, konnten in unseren Studien keine Belege gefunden werden. Diese Ergebnisse liefern einen wertvollen Beitrag zur anhaltenden Debatte über Geschlechterunterschiede. In der allgemeinen Diskussion stelle ich die aktuellen Ergebnisse solchen Studien gegenüber, die keine Geschlechterunterschiede gefunden haben. Darüber hinaus stelle ich ein neues Modell der flexiblen Selbstpräsentation vor und diskutiere die praktische Relevanz der TSMS und des S&D-Modells. Auf diese Weise schlage ich eine Brücke zwischen der Grundlagenforschung zur sexuellen Motivation und ihren breiteren Implikationen für Wissenschaft und Gesellschaft. |
Link zu diesem Datensatz: | urn:nbn:de:bsz:291--ds-440058 hdl:20.500.11880/39384 http://dx.doi.org/10.22028/D291-44005 |
Erstgutachter: | Friese, Malte |
Tag der mündlichen Prüfung: | 11-Dez-2024 |
Datum des Eintrags: | 15-Jan-2025 |
Fakultät: | HW - Fakultät für Empirische Humanwissenschaften und Wirtschaftswissenschaft |
Fachrichtung: | HW - Psychologie |
Professur: | HW - Prof. Dr. Malte Friese |
Sammlung: | SciDok - Der Wissenschaftsserver der Universität des Saarlandes |
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